Projekt Ironman abgeschlossen
Vorbereitung und Wettkampf-Glücksgefühle – letzter Teil des Gastbeitrags von Lukas Härder
Trotz eines teils sehr steinigen Weges konnte das Projekt Ironman abgeschlossen werden.
Der Trainingsplan
Einen Triathlon oder einen Marathon kann man nicht einfach so bestreiten. Ich bin der Meinung, dass solche Belastungen ohne ausreichende Vorbereitung lebensgefährlich sind. Es gehört eine sportmedizinische Abklärung dazu und ein gutes Grundlagentraining. Für den sportlichen Teil gibt es im Triathlon viele Möglichkeiten sich von Experten coachen zu lassen, Angebote finden sich reihenweise. In dem Markt habe ich erst gar nicht gesucht, einen Triathlon-Trainer für Leute mit Hüftprothese kann es kaum geben.
Ich habe einen alten Trainingsplan, der sowieso schon stark „Rad lastig“ war etwas abgewandelt, so wie ich es für richtig und machbar gehalten habe. So habe ich viele Stunden auf dem Rad verbracht und bin dagegen selten mehr als 40km die Woche gelaufen. Auf diese Art sollte der Stoffwechsel und die Ausdauergrundlagen ausreichend trainiert werden ohne damit das orthopädische System zu überlasten. Das hat letztlich funktioniert. Läuferisch ist man dann zwar „ziemlich langsam“ unterwegs, aber das war mir egal. Ankommen war wichtig.
Ich habe niemandem verraten, dass ich einen Startplatz in Roth ergattert hatte
Wer im Roth starten will, muss sich sehr früh um einen Startplatz bemühen. Ein Jahr davor. Dass ich einen ergattert hatte, habe ich aber niemandem verraten. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, ob ich auch wirklich starten und finishen kann. Schwimmen war nicht das Problem, Laufen vielleicht (2 Marathons war ich schon gelaufen), das größte Problem war das Radfahren. Auf dem Rad muss man sich über den Lenker beugen und da hat mein Rücken gesagt, dass er nicht weit fahren will. Oft war nach 40km Schluss, zumindest wenn ich sportlich gefahren bin.
Entscheidend sollte für mich der März 2023 sein. Da hatte ich ein 14-tägiges Triathlon-Trainingscamp in Fuerteventura gebucht und wollte dort über tägliches Radfahren testen, ob sich meinen Rücken umstimmen lässt. Kurz vorher war ich zufällig an eine verrückte gymnastische Übung gekommen, mit der ich meine Rückenprobleme exakt nachstellen konnte. Was es letztlich war, die Gymnastik oder das langsame Dauerradfahren in warmer Umgebung? Egal, am letzten Tag des Trainingscamps stand die Entscheidung: Ich starte meine Mission Triathlon Roth. Bis dahin hatte ich schon versucht an den Wochenenden längere Grundlagentrainings einzuschieben, ab April ging es systematisch weiter. Entsprechend den allgemeinen Empfehlungen habe ich dann die Umfänge bis 3 Wochen vor dem Rennen gesteigert, bis ein Wochenpensum von etwa 8km Schwimmen, 400km Rad und knapp über 40km Laufen zusammengekommen sind.
Die Umfänge müssen exakt durchgeplant sein man hat nebenbei ja schließlich auch noch einen Beruf. Aufs Wetter kann man dabei keine Rücksicht nehmen und auch nicht darauf, dass ich Sport früh am Morgen hasse.
Was das Training betrifft, bin ich noch sehr altmodisch. Inzwischen gibt es im Netz viele moderne Möglichkeiten. Auch die, alle Aktivitäten per GPS-Track über irgendwelche Portale zu erfassen, dort hochzuladen und sich kostenpflichtig sagen zu lassen, ob man auf Kurs ist. Gleichzeitig werden die nächste Trainingseinheiten dort vorgeplant die man wieder direkt in die Uhr laden kann. Dafür bin ich aber nicht der Typ. Bei mir geht das noch mit Papier. Meine GPS-Uhr ist mit keinem anderen Gerät verbunden, ich lese die noch ganz gewöhnlich ab und überlege selbst, ob das ok ist oder nicht.
Der Trainingsplan in Kurzform
- Montag: Ruhetag
- Dienstag: Radtag, 2 Stunden vor und nach der Arbeit
- Mittwoch: Schwimmtag, 1:10 Std Schwimmen und mit dem Rad zur Arbeit und zurück (1 Stunde)
- Donnerstag: Rad- und Lauftag, 2 Stunden Rad früh, Radheimfahrt nach der Arbeit und dann direkt eine Stunde Laufen.
- Freitag: Früh kurzer Nüchternlauf über 45min und der zweite Schwimmtag. Sobald es das Wetter erlaubt geht’s vom Schwimmbad in den See zum Freiwasserschwimmen, 3,5km
- Wochenende: lange Einheiten, 5-7 Stunden Rad, 2 Stunden Laufen.
Ein Plan ist sehr wichtig, aber bei diesem Pensum kann nicht alles exakt nach Plan laufen.
Während der Vorbereitung hatte ich mal Achillessehnenprobleme, auch der Piriformis war mit so manchem nicht einverstanden. Das war zwar alles auf der Seite der TEP, aber das habe ich nicht auf die TEP selbst bezogen, sondern eher auf muskuläre Probleme, die man nach so einem Eingriff unweigerlich hat. Bei mir kam noch dazu, dass die Statik verändert war, weil mein Hüft-Operateur meine linke Seite wieder „auf die richtige Höhe gebracht“ hat. Wir hatten vereinbart die 1,5cm Verkürzung aus dem Oberschenkelhalsbruch mit der TEP zurück zu korrigieren.
Um beim Radfahren sicher zu gehen hatte ich noch ein Bikefitting bei Fritz Buchstaller gemacht, dem Guru aus der Branche. Er sollte mich ergonomisch so aufs Rad setzen, dass ich danach noch Laufen kann. Im Rennen musste ich trotzdem beim Absteigen vom Rad erst mal den Gedanken verdrängen jetzt noch einen Marathon zu laufen. Zu dem Zeitpunkt ist die richtige Strategie, einfach weiterzumachen, Schritt für Schritt. Dass das nochmal 42.195 Meter sind, bloß nicht daran denken.
Der große Tag
Den Wettkampftag in Roth bin ich am frühen Morgen sehr zuversichtlich angetreten. Ich konnte mir mit gutem Gewissen sagen, dass meine Grundlagenausdauer passt für 226km. Auf Tempotraining hatte ich bewusst verzichtet. Damit hatte ich mir auch vorgenommen, ich genieße die Sache in aller Ruhe und lasse mich nicht hetzen. Für meine Bedürfnisse war Roth auch genau das richtige Rennen. Schon beim Schwimmen im Rhein-Main-Donaukanal kommen die richtigen Emotionen hoch. Zu den eigenen überträgt sich noch viel aus einer gigantischen Kulisse rechts und links am Ufer, oben auf den Brücken, beim Ein- und Ausstieg.
In der Wechselzone vom Rad zum Laufen habe ich mir eine ruhige Toilettenpause und eine Verpflegungspause gegönnt.
Am besten ist die Radstrecke, mit sehr vielen Zuschauern an der Strecke und dem „Solarer Berg“ als absolutes Highlight, dort gibts Tour de France Feeling, beim Hochfahren kribbelts bis in die Zehen. Aber selbst an einsamen Stellen der Radstrecke, durch Wälder, ist man nicht einsam. Nicht selten steht dann irgendwo ein Auto, davor sitzt jemand auf einem Campingstuhl mit einer Klapper in der Hand und feuert an. Für sowas bin ich immer sehr dankbar, so jemand kriegt von mir auch immer was zurück. Und bei der zweiten Runde ist die Freude doppelt so groß. Diese Erlebnisse machen Roth unvergleichlich.
Der Zieleinlauf ist eine Erfahrung, die mit nichts zu vergleichen ist. Dort stand Jan Frodeno, mehrfacher Weltmeister, der mir die Finisher-Medaille mit einer Umarmung umgehängte
Die Laufstrecke am Kanal erfordert an manchen Stellen einen festen Charakter. Man kann teilweise sehr weit nach vorne blicken und wenn da vorne noch Läufer unterwegs sind, weiß man, dass man da auch noch hinmuss. Das kann hart sein, andererseits ist das auch was Einzigartiges. Ein Stimmungsnest dazwischen, mit oft direkter Ansprache von Moderatoren, puscht wieder auf und entschädigt wieder für das eintönige Laufen. Im Rother Stadtpark ist dann das Zielstadion aufgebaut mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Personen. Ich bin da gegen 21:20 Uhr reingelaufen, es war voll besetzt und die Stimmung war großartig. Der Zieleinlauf ist eine einzigartige Erfahrung.
Dort stand Jan Frodeno, mehrfacher Ironman Weltmeister, um mich mit einer Umarmung zu beglückwünschen und die Finisher-Medaille umzuhängen. In welchem Sport ist sowas möglich?
Letztlich bin ich 1:11h geschwommen, das war so gut wie immer. Mit dem Rad war ich 6:07h unterwegs, einer Zeit, die ich 4 Wochen vorher noch für unmöglich gehalten hätte.
Die 5:50h, die ich für den Marathon gebraucht habe, hatte ich so in etwa erwartet. Der Marathon ist immer hart, da darf man auch nicht mit dem Tempo pokern. In der Ruhe liegt die Kraft. Unter 4h hatte ich den Marathon im Triathlon auch in meiner besten Zeit noch nie geschafft.
Was solche Langdistanzrennen noch faszinierend machen, ist das Gefühl beim Zieleinlauf, nach insg. 226km, die Erfahrung diese ziemlich verrückte Sache durchgestanden zu haben. Und die Erkenntnis, wenn Du sowas verrücktes schaffst, kannst Du alles schaffen, nicht nur im Sport auch beruflich, privat. Du brauchst ein Ziel und einen Plan, und Disziplin. Auch mit Hüft-TEP, einem Wirbel und zwei Bandscheiben weniger.
Im Stadion waren auch meine Freunde Arno und Harald unter den Zuschauern und haben so viel Lärm gemacht, dass ich sie heraushören konnte. Ich habe angehalten und ihnen meinen besonderen Dank gezollt. Ein Stück hinter der Ziellinie, mit der Medaille von Jan Frodeno um den Hals, haben mich meine Vereinskameraden alle erwartet die auch im Rennen waren. Einige waren in Staffeln unterwegs. Das war ein sehr emotionaler, unvergesslicher, gesonderter Empfang. Sie haben alle meine Geschichte gekannt und haben sich irre mit mir gefreut, dass mein Projekt Ironman abgeschlossen werden konnte.
Hallo Lukas, eine sehr bewegende und ermutigende Geschichte💪 Es geht mehr als gedacht. Dranbleiben kennzeichnet Höhen und Tiefen. Mental finde ich es vor größeren Aktionen schwieriger als vor Fahrradsturz und TEP, obwohl ich körperlich auf Kurs bin. Was hilft da am besten?
Sorry, dass es hier Kommentare gibt, damit hab ich gar nicht gerechnet….und gar nicht aufgepasst. Ist Deine Frage noch aktuell?
So ganz verstehe ich Deine Anliegen nicht…was Du vielleicht meinst, und was mir extrem geholfen hat, dass waren Ziele. Eigentlich sportliche Ziele, die ich erreichen wollte. Und dafür bin ich durch Reha’s, Training bei Sauwetter und alles mögliche durch. Weil ich ein Ziel erreichen wollte, wo andere gemeint haben das ist so weit weg die der Mond, wo ich aber trotzdem gesagt habe „ich probiers“…..