FIFA-WM, Geld, Macht, Politik – Zusammen was zusammen gehört

Nein, nicht dass ich nicht auch toll finde, dass Deutschland zum vierten Mal Fußballweltmeister geworden sind. Ich habe auch alle deutschen Spiele geschaut und dazu noch viele der anderen Teams. Ich freue mich für die Sportler, dass ihr Fleiß, ihr hartes Training und ihre Entbehrungen, die über Jahre notwendig sind um solche Leistungen zu erbringen, belohnt wurden. Auch der Neiddiskussion um viel zu hoch bezahlte Fußballspieler entziehe ich mich komplett. Der Markt ist da, der Konsument bezahlt die Ware Fußball, somit ist die Bezahlung in Ordnung. Aber ganz nach dem klassischen Angebot- und Nachfrage-Modell funktioniert Fußball leider doch nicht: Viele Profivereine erhalten in ihren Ländern Steuervergünstigungen, Stadien werden mit Steuermitteln finanziert und es gibt sogar europäische Länder, die Profivereine von der Steuer befreien. Da gerät doch einiges in Schieflage, zumindest dann, wenn diese Länder wie z.B. Spanien hoch verschuldet sind. Dazu passt es auch, dass die oft auch mit Korruption in Verbindung gebrachte FIFA sich bei allen Veranstaltungen von der jeweiligen Steuer befreien lässt und so ihren Milliardenüberschuss (ca. 1,6 Milliarden EUR bei der WM in Brasilien) ohne lästigen Fiskus behalten, bzw. teilweise an Vereine, Verbände, den Weltmeister und den Ausrichter verteilen kann. Länder, die eine WM ausrichten, bleiben auf ihren immensen Kosten für solch eine Veranstaltung (ca. 10 Milliarden EUR in Brasilien), die schon lange die Einnahmen bei weitem übersteigen, sitzen.
Trotzdem erzeugt die Ware Fußball, wenn sie denn erfolgreich ist, ein WIR-Gefühl, dass alles in der Schatten stellt. WIR sind Weltmeister! Überall Deutschlandfahnen, Außenspiegel in schwarz, rot, gold und kaum ein Produkt in den Geschäften ohne WM-Logo. Landesmutter und Landesvati lassen sich mit jedem oder allen Spielern in Mannschaftskabinen ablichten, nachdem sie zum Finale mal eben nach Rio geflogen sind. Werbe- und wahlwirksame Bilder sind ‚Angie‘ somit sicher und werden natürlich auch gezielt lanciert. Selbst der ‚lupenreine‘ Demokrat Wladimir Putin lässt es sich nicht nehmen im Finale dabei zu sein, wenngleich sein Team schon lange zu Hause ist und an seiner Landesgrenze der Kriegszustand herrscht. Auch nach der WM gibt es auf allen Kanälen TV-Spezialsendungen und die Mannschaftsankunft und Feier in Berlin wird mehrere Stunden live übertragen.
Woher aber kommt diese Euphorie? An den zugegeben fast 7 Millionen Deutschen, die in Fußballvereinen Sport treiben, kann es alleine nicht liegen. Der Deutsche Turnerbund rangiert mit 5 Millionen Mitgliedern auf den 2. Platz. Der Deutsche Angelfischerverband liegt übrigens auf Platz 8, mit immerhin fast 800.000 Mitgliedern. Rechnet man das in TV Stunden um, hätte man von der Angelweltmeisterschaft in Südafrika 2013 mindesten 20 -30 Stunden Live-Berichterstattung erwarten können. Vermutlich sind auch weniger offizielle WM-Angelhaken verkauft worden als die ca. 13 Millionen offiziellen WM-‚Brazuca‘-Fußbälle für knapp 130,00 EUR pro Stück. Aber auch anderen Randsportarten, wie z.B. Fußball, sorry Frauenfußball, geht es nicht viel besser. Die DFB-Auswahl wurde insgesamt 8 mal Europameister und 2 mal Weltmeister – und das obwohl es Frauenfußball erst offiziell seit 1983 gibt! Ich habe bei den Weltmeistertiteln 2003 in der USA und 2007 in China weder Gerhard Schröder, Johannes Rau, Angela Merkel noch Horst Köhler auf der Ehrentribüne oder in der Kabine gesehen. Wurde das Endspiel überhaupt live übertragen?
Natürlich haben die Medien einen sehr großen Anteil daran, ob eine Sportart wahrgenommen wird oder nicht. Und abgesehen vom allmächtigen Fußball, wechselt dies durchaus. Gab es früher zu Zeiten von Steffi Graf und Boris Becker stundenlange Übertragungen von Tennisturnieren, so wird heute die absolute Randsportart Biathlon aus welchen Gründen auch immer, stundenlang und durchaus mit großem technischen Aufwand – und damit teilweise sogar spannend in Szene gesetzt – live im TV übertragen. Warum übrigens auf anderen freien Sportkanälen viele Stunden Darts und Poker live übertragen wird, statt z.B. Badminton, Squash, Tischtennis oder auch Handball, um nur einige Ballsportarten außer Fußball zu nennen, wird sich mir trotzdem nie erschließen.
Am Ende des Tages werden sich wohl alle Leistungssportler, die nicht Profi-Fußballer sind, damit abfinden müssen, dass sie je nach dem welche der über 500 in Wikipedia gelisteten olympischen oder nicht olympischen Sportarten von Amateurfunkpeilen bis Zwergenwerfen sie ausüben, wenig bis überhaupt nicht im öffentlich rechtlichen, geschweige denn im PayTV, vorkommen. In keiner Sportart außer Fußball ist die Verquickung von Geld, Macht, Politik und das damit einhergehende öffentliche Interesse so perfekt gelungen, ist zusammen gewachsen was scheinbar zusammen gehört!

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